„Heute bin ich angekommen“
Michael Heussler ist Lokführer mit Leib und Seele. Mit 46 Jahren ging sein Jugendtraum in Erfüllung und er wurde Lokführer bei der Mariazellerbahn. Im Interview erzählt er, wie toll sein Job ist, was er bei den Niederösterreich Bahnen alles machen darf und warum er Tag für Tag Freude daran hat.
Man merkt, dass du mit großem Elan bei der Arbeit bist. Was bedeutet Eisenbahn für dich?
Michael Heussler: Die Eisenbahn hat mich schon immer interessiert. Als Kind war es das größte Glück für mich, wenn der Schranken bei der Eisenbahnkreuzung unten war, denn dann konnte ich dem Zug beim Vorbeifahren zusehen. Nach der AHS-Matura habe ich Elektrotechnik studiert, um später bei einem Eisenbahnunternehmen arbeiten zu können. Doch das Studium war viel zu theoretisch und gar nicht praxistauglich. Also habe ich etwas ganz Anderes begonnen: Die Ausbildung zum Tanzlehrer – in diesem Job habe ich dann 25 Jahre gearbeitet. Der Virus Eisenbahn hat mich dabei aber nie ganz verlassen, denn meine Freizeit habe ich der Fotografie von Zügen gewidmet.
Wie kam dann der Wechsel zum Triebfahrzeugführer bzw. Lokführer?
Michael Heussler: Ein Tanzschüler hat mich zum Verein der Museumsbahn Ötscherland Express gebracht, wo ich seit 2008 „herumzangeln“ und fahren darf. Der Job in der Tanzschule hat irgendwann keinen Spaß mehr gemacht. Ich habe gekündigt und mich am selben Tag bei den Niederösterreich Bahnen beworben. Mit 46 Jahren habe ich mich also neu orientiert und bin Lokführer geworden. Eine wirklich gute Entscheidung, denn heute bin ich angekommen.
Neben deinem Job bist du auch Lehrlokführer.
Michael Heussler: Ich habe schon immer gerne unterrichtet, deshalb war der Lehrlokführer der nächste Schritt. Ich gebe mein Wissen gerne weiter. Dabei ist mir wichtig, dass die Leute gut ausgebildet werden und wissen, was sie tun.
Welche Voraussetzungen braucht man deiner Meinung nach, um Lokführer zu werden?
Michael Heussler: Wichtig ist, dass man keine Angst vor der Verantwortung hat. Denn es ist wie beim Autofahren – ich muss konzentriert fahren, um mich und meine InsassInnen zu schützen. Es braucht natürlich einen gesunden Respekt vor den Maschinen und der Technik. AnwärterInnen müssen zuverlässig sein und genau arbeiten, denn der Zug hat einen Fahrplan, der eingehalten werden muss. Als LokführerIn ist man ein nicht unwichtiges Rädchen im System, denn ohne LokführerIn fährt der Zug nicht. Technische Affinität, Teamfähigkeit und ein offenes Wesen sind sehr wichtig. Auch wenn man während seiner Dienstzeit alleine hier vorne im Führerstand sitzt, hat man trotzdem Kundenkontakt und spricht auch mit den KollegInnen, die Dienst versehen. Wir sind ein ganz bunter Haufen mit verschiedenen Charaktären und können aber alle gut miteinander arbeiten. Wenn man dann noch das Glück hat und auf einer so wunderschönen Strecke wie der Mariazellerbahn fahren darf, dann hat man wirklich jeden Tag Freude an der Arbeit.
Du bist ein Gründungsmitglied der Peer-Gruppe bei den Niederösterreich Bahnen. Woher kam die Idee dazu?
Michael Heussler: Ganz am Anfang meiner Laufbahn gab es einen schweren Unfall einer Lok mit einem Traktor auf der Mariazellerbahnstrecke. Ich habe dann kurz mit dem betroffenen Kollegen telefoniert und der gab das Telefon an die Dame vom Kriseninterventionsteam weiter. Sie wollte den Mann nicht alleine wissen und ihn an jemanden übergeben, der sich um ihn kümmert. Also bin ich von Wien raus zum Alpenbahnhof gefahren, wo ich ihn dann von ihr „übernahm“. Ich habe aus dem Bauch heraus versucht, ihm zu helfen, ihn beiseite genommen und dann hat er von sich aus zu erzählen begonnen. Der Vorfall hat mich natürlich auch beschäftigt, vor allem dahingehend, wie man mit solchen Vorfällen in Zukunft umgehen kann. Ich bin dann im Internet auf das Peer-Konzept gestoßen und habe das kurze Zeit später mit der Geschäftsführung ins Rollen gebracht. Gestartet sind wir mit sechs Peers (drei Frauen, drei Männer), die sich in Krisenfällen um die KollegInnen kümmern. Denn wir Kollegen (Anm.: engl. Peers) wissen, wie der Job ist. Da muss man sich nach einer Krise nicht lange erklären, sondern kann gleich beim Erlebten anfangen. Bald sind wir zehn Peers, die helfen können.
Zum Abschluss: Was möchtest du unseren LeserInnen noch mitgeben?
Michael Heussler: Dass man sich im Gleisbereich mit Köpfchen bewegt und zwar dort, wo es erlaubt ist. Bei der Mariazellerbahn fahren wir nicht auf Sicht, wie es zum Beispiel ein Auto tut. Die Strecke ist in Abschnitte geteilt und wird nach der Fahranfrage von der Betriebsführungszentrale freigegeben. Somit dürfen wir LokführerInnen davon ausgehen, dass nichts auf den Gleisen liegt und fahren je nach Abschnitt eine Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h. Egal wie das Wetter ist – so ist es auch im Eisenbahngesetz erfasst. Bewegt man sich unerlaubt im Gleisbereich oder achtet nicht auf die Sicherungszeichen bei Eisenbahnkreuzungen, begibt man sich in große Gefahr. Denn der Zug kann nicht von jetzt auf sofort stehen bleiben. Bei einer Vollbremsung mit 80 km/h reden wir von einem ungefähren Bremsweg von bis zu 300 Metern.
Michael Heussler wohnt in Wien und ist seit 2011 Lokführer bei der Mariazellerbahn. Er lenkt neben der Himmelstreppe auch den Ötscherbär und andere Geräte (außer der Dampflok) auf der Strecke bis nach Mariazell. Privat: Er ist seit drei Jahren mit seinem Mann verpartnert und fotografiert in seiner Freizeit nach wie vor gerne Züge, liest Bücher oder wandert. Nächstes Jahr bringt er gemeinsam mit Markus Gregory einen Fotoband über die Metamorphose der Mariazellerbahn in den vergangenen zehn Jahren heraus. Nach der Erscheinung erhältlich in unserem Online-Shop.
Die Ausbildung zum/zur TriebfahrzeugführerIn kann ab dem 21. Lebensjahr mit einem einwandfreien Leumund, technischem Grundverständnis sowie der medizinischen und psychischen Eignung begonnen werden. Auch für QuereinsteigerInnen ist dies eine interessante Ausbildung. Erlernt werden die Grundlagen des Eisenbahnwesens, Dienstvorschriften und der Verschub. Die Strecken- und Ortskenntnis sowie verschiedene Zugtypen werden geschult. Bevor die Abschlussprüfung abgelegt werden kann, müssen 110 Stunden Praxis nachgewiesen werden. Die Niederösterreich Bahnen bilden TriebfahrzeugführerInnen für Elektro-, Diesel- und Dampfloks (Schmalspur) aus.
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