Technik

Zu Besuch in den gläsernen Werkstättenhallen in Laubenbachmühle

Ein beeindruckend spannender Arbeitsplatz, nicht nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Niederösterreich Bahnen: Die drei vollverglasten Werkstättenhallen im Betriebszentrum Laubenbachmühle, wo die modernen Garnituren der Mariazellerbahn gewartet werden. Sie gewähren Einblicke, die Laien sonst selten zu sehen bekommen. Beispielsweise wenn ein tonnenschwerer Triebwagen mittels Hebebockanlage ein wenig abhebt oder ein Panoramawagen eingeschäumt in der Waschanlage steht.

Einen ersten Einblick in die Werkstättenhalle Laubenbachmühle erhaschen unsere Gäste bereits vom Vorplatz des Betriebszentrums Laubenbachmühle. ©NB/Bollwein

Meistens staunen die Fahrgäste der Mariazellerbahn sowie Besucherinnen und Besucher des Bistros Laubenbachmühle, wenn sie die zwei großflächig verglasten Werkstättenhallen zum ersten Mal sehen. Sie können direkt in die Werkstätte, Waschanlage und Remise einsehen. Unter der Woche wird dort bereits ab 7:00 Uhr morgens repariert, gewartet und gewaschen – es ist quasi „der Boxenstopp“ der Triebwägen der Himmelstreppe samt ihren Panoramawägen (die historischen Garnituren werden am Alpenbahnhof serviciert). Die große Werkstättenhalle im Zentrum des Betriebsgebäudes weckt immer besonderes Interesse: Sie ist mit drei parallel verlaufenden Gleisen – Gleis 811 bis 813 – ausgestattet, beherbergt einen Hallenkran und eine in Österreich seltene Unterflurräder-Drehbank sowie einen Dacharbeitsstand. Mit den acht Hebeböcken in der Halle lässt sich übrigens eine komplette Himmelstreppe mit zirka 80 Tonnen Gewicht und 51 Meter Länge anheben.

Ein Schnappschuss von der Revision unseres ET1 im Jahr 2019 in der „Laube“. ©NB/Mayerhofer

Die gesamte Halle wurde speziell auf Unterflurarbeiten an den Triebwägen der Himmelstreppe ausgerichtet. Die Werkstätten-Mitarbeiter*innen können also aufrecht unter den Wägen stehen und arbeiten, etwa zur Vorbereitung für den Austausch eines Drehgestells. „Bei so einem Austausch handelt es sich um eine typische Unterflurarbeiten,  die viel Zeit und Genauigkeit erfordert, auch wenn der Ablauf zunächst unspektakulär klingt“, weiß Werkstätten-Bereichsleiter Thomas Gansch. Zuerst wird der Triebwagen eingefahren und entsprechend platziert. Dann beginnt das Abmontieren des Drehgestells unterhalb des Wagens. Nach diesem Arbeitsschritt kommt die Hebebockanlage zum Einsatz: Ausschließlich an den dafür vorgesehenen Stellen lässt sich der gesamte Triebwagen anheben. Das ausrangierte Drehgestell kann weg- und das neue eingefahren werden. Die Hebebockanlage setzt den Wagen wieder auf und das neue Drehgestell wird montiert. Soweit so gut. „Das neue Drehgestell muss auf die für den Zug erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h gefahren werden. Auch eine durchgeführte Vollbremsung gehört zu den vorgeschriebenen Tests, bevor das neue Teil in den regulären Betrieb darf“, ergänzt Thomas Gansch. Getestet wird auf dem Streckenabschnitt zwischen Klangen und Obergrafendorf, dort ist das Ausfahren mit Höchstgeschwindigkeit möglich und erlaubt. Die Werkstätten-Mitarbeiter*innen kontrollieren anhand von Checklisten noch zahlreiche andere Funktionen, um das neue Drehgestell wirklich auf Herz und Nieren zu prüfen. „Diese Testphase für das neue Drehgestellt nimmt in etwa eine Woche in Anspruch“, erklärt Thomas Gansch.

Auf Gleis 813 befindet sich außerdem ein Dacharbeitsstand ohne Oberleitung für Wartungen und Reparaturen an Klimaanlagen, Druckluftkompressoren oder Batterien. Die Triebwägen der Himmelstreppe sind Niederflurfahrzeuge, daher wurden diese Komponenten am Dach verbaut. Bei den Panoramawägen ist es genau umgekehrt: Die Dachfläche bietet aufgrund der großen Fenster keinen Platz, die Komponenten befinden sich daher unterhalb im Niederflurraum. Alle Wägen stammen aus dem Haus des renommierten Schweizer Zugherstellers Stadler – ein Name, den viele Eisenbahnfans mit modernem Reisekomfort und hohen technischen Standards verbinden.

Eine unübliche Ansicht – „down under“ unserer Himmelstreppe. ©NB/Mayerhofer

Routine & Herausforderung wechseln sich ab

Beim „Überdrehen des Spurkranzes“ sind Modelleisenbahnbesitzerinnen und -besitzer in ihrem Element, Laien hingegen verstehen dann meist nur Bahnhof. In der Welt realer Eisenbahnen ist diese Aufgabe notwendige Routine und rasch erklärt: An der Innenseite des Rades befindet sich der Spurkranz, er funktioniert als Rad-Schienen-Kontakt. Mit seinem Profil gleicht er kleine Unebenheiten aus und hält die Räder sanft „auf Schiene“, er beeinflusst aber auch die Leistungsfähigkeit eines Zuges. Deshalb wird das Profil regelmäßig gemessen. Entspricht es nicht mehr den Anforderungen, wird „der Spurkranz überdreht“, also bearbeitet. In der Werkstätte Laubenbachmühle bewältigt diese Aufgabe eine spezielle Unterflur-Räderdrehbank auf Gleis 811: Die Räder können am Wagen bleiben, während dank digital eingespeicherter Profildaten präzise „überdreht“ wird. So eine Ausstattung gibt es in Österreich nur zweimal – sie ist schon eine Besonderheit, die den Arbeitsalltag enorm vereinfacht. Nach vorgeschriebenem Standard müssen Räder außerdem alle sechs Jahre oder nach 600.000 km komplett ausgetauscht werden, je nachdem, was früher eintritt.

Sauberes Arbeiten dank elektrischem Betrieb

Züge verschmutzen natürlich, innen wie außen. Während die Fahrgasträume von den Reinigungskräften der Niederösterreich Bahnen betreut werden, erhält das Äußere der Triebwägen eine richtige Schaum-Wäsche, alle 14 Tage oder nach Bedarf. Die Waschanlage braucht den Platz einer Halle und ähnelt einer Autowaschanlage – nur eben viel größer. Auf Nachhaltigkeit achtet man auch bei diesem Vorgang: Eine Wasseraufbereitungsanlage bereitet das Nutzwasser mithilfe von Bakterien teilweise auf, so kann es mehrmals verwendet werden. Eine zusätzliche Osmose-Anlage entkalkt das Wasser mechanisch, für kalkfleckenfreien Glanz an Glasfenstern und Lackierung. Aufmerksamen Besucher*innen fällt es bestimmt auf: Alle drei Hallen wirken absolut aufgeräumt und sauber. „Das kommt daher, dass wir „sauber Arbeiten“: Durch den elektrischen Betrieb der Triebwägen gibt es keine Öle, die sich üblicherweise sofort verschleppen. Außerdem muss jeder eigenverantwortlich auf Sauberkeit achten und darf nichts liegen lassen. Das funktioniert auch wegen der Verglasung so gut“, erzählt Thomas Gansch.

Wer das Betriebszentrum Laubenbachmühle und seine Werkstatt gerne mal mit eigenen Augen sehen möchte, kann dies im Rahmen einer unserer beliebten Führungen machen – hier findet ihr mehr Infos.

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